Zwänge, Resignation, Fatalismus

+++ mit freundlicher Genehmigung von Allgäuer Zeitung +++ Quelle: Allgäuer Zeitung vom 02.11.2023 +++ Text: Klaus Thiel, Foto: Mathias Wild

Nepo Fitz im Podium: In seiner Show durchleuchtet er bewusst spontan das Leben, die Menschen und ihre Unzulänglichkeiten.

VON KLAUS THIEL

>> zur PDF-Datei

Kaufbeuren. Das Podium in Kaufbeuren scheut sich nicht, auch dem Ungewöhnlichen eine Plattform zu bieten. Mit der Verpflichtung von Nepo Fitz lag der Kulturverein einmal mehr goldrichtig, denn der vielseitige und hochdekorierte Co-median, Musiker und Schauspieler präsentierte ein Programm, das keinen Namen hatte und das beim Publikum trotzdem ins Schwarze traf.

Fitz hatte sich bewusst nicht von vorneherein darauf festgelegt, welche (politischen) Themen er sich vornehmen will. In seiner „Rock-Comedy-One-Hour-Show“, mit einer Dauer von exakt 60 Minuten, konzentrierte er sich auf die Augenblicke und Anregungen, die ihm die Bühne und das Publikum boten. Er durchleuchtete das Leben und die Menschen, notierte Zwänge und Unzulänglichkeiten, legte Missstände im Zusammenleben offen, erkannte Fatalismus und Resignation.

Fitz glossierte, persiflierte und überzeichnete, eine endgültige Bewertung überließ er aber dem Publikum. Der Mensch wolle gelobt werden, und so lobe jeder jeden. Das Kleinkind werde gelobt, wenn es sein „Geschäft“ in die Windel erledigt hat: „Mei, is dös a schöner Haufen, ja brav!“ Das Kleinkind wird erwachsen und lobt die Haufen der nachfolgenden Generationen. Letztlich bestehe das Leben aus dem Loben der Haufen.

Im Themenbereich „Technik und Mensch“ spielte er einen alten Wirt, der kriechend die Geheimnisse der die in der Wirtsstube installierten hochmodernen Unter-haltungstechnik ergründen will – einer der Höhepunkte in der Performance in Podium.

Fitz war in seiner Sprache klar und unmissverständlich. Er nutzte überwiegend den altbayerischen Dialekt, dem Verständnis zuträglich war eine eindeutige Mimik. Der Comedian lebte mit seinem Publikum, band dieses interaktiv in die Vorstellung mit ein. Zehn Minuten vor Beginn der Veranstaltung stand er auf der Bühne und legte letzte Hand an das Bühnen-bild. Dabei beruhigt er die Gäste. Es beginne noch nicht, man müsse halt noch ein wenig nacharbeiten.

Auf diese Weise war das Publikum schon vor der Veranstaltung mitten drin. Wolfgang Schick und Oswald Justra wurden zum Mitmachen „überredet“. Beide durften als „Gorillas“ verkleidet den Protagonisten auf seinem Parforceritt durch den musikalischen „Rock-garten“ begleiten. Die Zuschauerinnen und Zuschauer entzogen sich auch nicht der von Fitz initiierten Gemeinschaftsaktion: Verdunkelter Raum, Auditorium und Bühne wurden eins, funkelnde Discolichter, wummernde Bässe, hochgereckte Arme, sich im Takt wiegende Körper und stimmiges Mitsingen: Es war das symbolische Bild einer harmonischen Welt, die so nicht mehr ist.

„Bayrisches Brettl“ – Nepo Fitz live im Podium Kaufbeuren am 28.10.2023